Offenbach

Amtsgericht stellt 184b-Verfahren gegen Geldauflage ein

Vorwurf: Verbreitung kinderpornografischer Inhalte

Hausgutachter der StA stellt "Verbreitung kinderpornographischer Inhalte" fest

Der als Gutachten bezeichnete Auswertbericht eines nahe Aschaffenburg ansässigen IT-Forensikers, einer der Hausgutachter der Staatsanwaltschaft Darmstadt und deren Zweigstelle in Offenbach, kommt nach der Auswertung der anlässlich einer Wohnungsdurchsuchung wegen des Verdachtes des Verbreitens kinderpornografischer Schriften bei dem Beschuldigten beschlagnahmten Speichermedien zum Ergebnis, dass auf einem der beschlagnahmten Rechner der Filesharing-Client „emule“ identifiziert werden kann und bei der Überprüfung der zum Filesharing freigegebenen Verzeichnisse im Verzeichnis „Muli\Temp“ eine kinderpornographische Filmdarstellung festzustellen ist, die

„zumindest zum Zeitpunkt ihres Downloads am 28.11.2013 allen anderen Online-„emule“-Nutzern zur Verfügung stand.“

Nach dem Auswertbericht wurden ferner auf einer der beschlagnahmten Festplatten in der Thumbs-db-Datei „emule Incoming“ 69 kinderpornographische Bildeinträge und im gelöschten Bereich der Festplatte eine Filmdatei vorgefunden, auf dem bereits erwähnten Rechner wiederum wurden nach dem Auswertbericht zwei kinderpornographische Filmdarstellungen festgestellt, die sich zwar in einem Unterverzeichnis des Ordners „Muli“ befinden, diese jedoch „als Besitz eingestuft werden können, da diese Unterverzeichnisse nicht zum Filesharing freigegeben seien. Zudem wurden im gelöschten Bereich des Rechners noch 22 kinderpornographische Schriften in Form von Filmen festgestellt.

Verteidigungsschrift

Ich habe in einer umfangreichen Verteidigungsschrift dargelegt, dass der revisionsfeste Nachweis eines vorsätzlichen Besitzens im Sinne des § 184b Abs. 3 StGB jedenfalls in der vorliegenden Konstellation im Hinblick auf die weiter zur Verfügung stehenden Dateiinformationen der im gelöschten Bereich vorgefundenen – besser formuliert: der aus diesem Bereich wiederhergestellten – Bild- und Filmdateien nicht möglich sei, womit von den insgesamt 94 in dem Auswertbericht genannten Dateien bereits 23 nicht Gegenstand einer strafbaren Handlung nach den §§ 184b oder c StGB sein können.

Ferner habe ich in allen Details dargelegt, dass der Umstand, dass in der „AC Search Strings.dat“ keine Suchbegriffe aufgefunden werden können, die erfahrungsgemäß zum Auffinden von kinder- oder jugendpornografischen Schriften führt, auch bezüglich der 69 in der Thumbs-db-Datei „emule Incoming“ aufgefundenen Dateien kein Vorsatz des Beschuldigten herzuleiten sei, der einer Überprüfung durch ein Revisionsgericht – immer vorausgedacht für den Fall einer amtsgerichtlichen Verurteilung – stand halte.

Bezüglich der nach dem Auswertbericht vermuteten Verbreitung – die [zum Tatzeitpunkt] mit einer erhöhten Mindeststrafdrohung bewehrt ist, nämlich drei Monate bis fünf Jahre Freiheitsstrafe [seit dem 1. Juli 2021 mindestens ein Jahr Freiheitsstrafe], pro Fall versteht sich – habe ich – wie bereits erfolgreich vor dem Amtsgericht Dillenburg – argumentiert, dass ein Verbreiten kinderpornographischer, bzw. jugendpornographischer Schriften nicht vorliegt, da ein solches erst gegeben sei, wenn eine übertragene Datei im Arbeitsspeicher des Rechners eines Dritten angekommen sei was tatsächlich einen hier nicht nachweisbaren Lesezugriff des Adressaten voraussetzt. Auch fehle es, so führte ich in meiner Verteidigungsschrift aus, an dem Vorsatz auf das Tatbestandsmerkmal des öffentlichen Zugänglichmachens von kinderpornographischen Schriften nach § 184b Abs. 1 Nr. 2 StGB, da hierzu nachgewiesen werden müsse, dass der Beschuldigte über die Funktionsweise des Filesharingprogrammes „emule“ informiert gewesen sei, was bei einem schweigenden Beschuldigten, über den keine weiteren Informationen außer seinem Wohnort vorliegen, schlechterdings nicht möglich sei.

Anklage der Staatsanwaltschaft Darmstadt, Zweigstelle Offenbach

Es ist den Sexualdezernaten der Staatsanwaltschaften eigen, dass viele Dezernenten als junge Staatsanwälte dort ihre hoffnungsvolle Karriere beginnen und ihren nach offenbar eigener Auffassung karriereförderlichen Anklagedrang ausleben, selbst wenn die Sache schon ins Peinliche tendierend aussichtslos ist.

Entweder hat die Staatsanwältin sowohl die IT-forensischen wie auch bzw. oder die rechtlichen Ausführungen nicht verstanden oder sie hielt sie für falsch; das wird unergründbar bleiben. Sie klagte den Beschulidgten wegen des Besitzes von 94 Bild- und Filmdateien kinderpornografischen Inhaltes und Verbreitung oder (!) öffentlichen Zugänglichmachens solcher Schriften an.

Zweiter Hauptverhandlungstag vor dem Amtsgericht Offenbach: Einstellung

Die Kaiserstraße 16 in Offenbach wurde mit dieser Anklage zum Waterloo der Staatsanwalt Offenbach, die korrekt ja die Zweigstelle Offenbach der Staatsanwaltschaft Darmstadt ist. Zum Waterloo deshalb, weil sich das Gericht – wie am Beschluss der Einstellung offensichtlich – exakt meinen Darlegungen in der Verteidigungsschrift, die ich bereits im Ermittlungsverfahren an die Staatsanwaltschaft richtete, anschloss:

Nach einer intensiven Befragung des IT-Hausgutachters der Staatsanwaltschaft durch mich und den gescheiterten Versuchen, das angeblich öffentlich zugänglich gemachte Video ohne die Zuhilfenahme spezieller forensischer Auswertzungssoftware in Augenschein zu nehmen, also dem Zutreffen einer meiner Beweisbehauptungen, äußerte der Amtsrichter seinen Unmut darüber, dass die Staatsanwaltschaft den Darlegungen in der Verteidigungsschrift nicht bereits im Ermittlungsverfahren nachgegangen ist, setzte deren Sitzungsvertreter unter einen nicht ganz unerheblichen Druck, wies darauf hin, dass damit nur noch der eventuelle Besitz von zwei Filmdateien im Raum stünde und regte eine Verfahrenseinstellung nach § 153a StPO gegen Zahlung von 2.500 Euro an eine gemeinnützige Einrichtung ein. Da bei diesem Prozedere die Verfahrenskosten komplett von der Staatskasse getragen werden und die Staatsanwaltschaft Darmstadt zu diesen Verfahrenskosten auch die Auswertkosten – in diesem Falle knapp 6.000 Euro – rechnet, war der Angeklagte mit diesem Vorschlag in höchsten Maße einverstanden und stimmte zu.

Dieses Ergebnis hätte man aus Sicht der Staatsanwalt wesentlich kostenschonender bereits im Ermittlungsverfahren haben können – aber da wollte man partout nicht.