Koblenz

Weder Hauptverhandlung noch Führungszeugnis-Eintrag im 184b-Verfahren

Verdacht der Verbreitung kinderpornografischer Inhalte ausgeräumt

BKA ermittelt Beschuldigten über E-Mail-Adresse

Das Bundeskriminalamt (BKA) erhielt über das Immigration and Customs Enforcement (ICE), die Zoll- und Einwanderungsbehörde des Heimatschutzministeriums der USA, die Mitteilung, dass am 10. Dezember 2012 unter Nutzung einer bestimmten E-Mail-Adresse eine kinderpornografische Bilddatei unter Nutzung einer bestimmten Telekom IP auf die Internetplattform Facebook hochgeladen wurde. Zum Zeitpunkt der Übermittlung des Vorganges war die Speicherfrist der IP-Daten bereits abgelaufen.
Eine Anfrage des BKA bei dem Telekommunikationsunternehmen, bei dem die E-Mail-Adresse registriert war, zu den dort vorliegenden Bestandsdaten führte zu den Namens- und Adressdaten des Beschuldigten. Diese wurden sodann durch die Kriminalinspektion Montabaur überprüft.

Durchsuchungsbeschluss des AG Koblenz unterstellt Verbreitung

Aufgrund dieser Erkenntnisse beantragte die Staatsanwaltschaft Koblenz bei dem Ermittlungsrichter des Amtsgerichts Koblenz einen Durchsuchungsbeschluss, den dieser erließ und folgendermaßen begründete:

„Die Durchsuchung war auf Antrag der Staatsanwaltschaft Koblenz vom 12.04.2013 anzuordnen, da bestimmte Tatsachen erwarten lassen, dass die Untersuchungshandlung zur Auffindung von vorstehend angeführten Beweismitteln führen wird (§§ 94, 102, 105, 162 StPO).
Der Beschuldigte ist verdächtig, entgegen 184b Abs. 1 StGB pornographische Schriften (§ 11 Abs. 3 StGB), die sexuelle Handlungen von, an und vor Kindern (§ 176 Abs. 1) zum Gegenstand haben (kinderpornographische Schriften) öffentlich ausgestellt, angeschlagen, vorgeführt oder sonst zugänglich gemacht zu haben.

Am 10.12.2012 wurde unter Nutzung der für den Beschuldigten registrierten E-Mail-Adresse [SCHWÄRZUNG] auf der Internetplattform „facebook“ ein kinderpornographisches Bild hochgeladen, das auf diese Weise für eine unbestimmte und unbestimmbare Anzahl von Nutzern zugänglich war.
Es ist daher davon auszugehen, dass dieses und andere kinderpornographische Schriften auf Rechnern und elektronischen Datenträgern des Beschuldigten abgespeichert sind.
Die Anordnung war gemäß § 33 Abs. 4 StPO ohne vorherige Anhörung des Beschuldigten zu treffen, um den Zweck der Untersuchungsmaßnahme nicht zu gefährden. Die Maßnahme ist verhältnismäßig, denn sie ist zur Erreichung des angestrebten Zwecks geeignet und erforderlich, wobei der mit ihr verbundene Grundrechtseingriff nicht außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache und zur Stärke des Tatverdachts steht. Es wird darauf hingewiesen, dass der Beschluss nur binnen 6 Monaten nach seinem Erlass vollstreckt werden darf.“

Die Verbreitung kinderpornografischer Schriften wurde zum mutmaßlichen Tatzeitpunkt gem. § 184b Abs. 1 StGB mit einer Mindestfreiheitsstrafe von drei Monaten geahndet. Seit dem 1. Juli 2021 wird sie mit einer Freiheitsstrafe von nicht unter einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft.

Verteidiger nimmt Einsicht in die Beweismittelordner

Nach erfolgter Auswertung der sichergestellten Speichermedien nahm ich Einsicht in die Beweismittelordner in den Geschäftsräumen der Staatsanwaltschaft Koblenz, da die Bilder gem. Nr. 220 Abs. 2 RiStBV nicht versandt werden.

In einer Verteidigungsschrift legte ich dar, dass der Verdacht der Verbreitung kinderpornografischer Schriften nicht aufrecht zu erhalten sei, da mit den vorhandenen Beweismitteln ein Hochladen der vom Immigration and Customs Enforcement an das BKA übermittelten Bilddatei nicht mit einer für eine Verurteilung notwendigen Sicherheit nachgewiesen werden könne; die bloße Vermutung im Sinne einer – wenn auch hohen – Wahrscheinlichkeit reiche nach der obergerichtlichen Rechtsprechung auch des Oberlandesgerichts Koblenz als Grundlage für ein revisionsfestes Urteil gerade nicht aus.

Ferner nahm ich in der Verteidigungsschrift zu den von der kriminalpoliezilichen Auswertung nach meinem Dafürhalten unzutreffend als jugendpornographisch – da erwachsenenpornographisch und somit nicht strafbar – oder unzutreffend als kinderpornografisch – da entweder überhaupt keine Pornographie vorlag oder aber die abgebildeten Personen das 14. Lebensjahr bereits überschritten haben – Bild- und Filmdateien ausführlich Stellung, so dass die Gesamtanzahl sowohl der inkriminierten Bild- wie auch der Filmdateien ganz erheblich reduziert werden konnte.

Staatsanwaltschaft Koblenz beantragt Stafbefehls zu 90 Tagessätzen

Dem Beschuldigten war als einem im Raum Diez durchaus bekannten Geschäftsmann sehr daran gelegen, die Angelegenheit tunlichst ohne eine öffentliche Hauptverhandlung vor dem örtlich zuständigen Amtsgericht Diez zu erledigen, andererseits sollte kein Eintrag in sein polizeiliches Führungszeugnis erfolgen, da er dies im Rahmen seiner geschäftlichen Tätigkeit zuweilen vorlegen musste.

Ich einigte mich mit dem zuständigen Dezernenten der Staatsanwaltschaft Koblenz sodann auf eine Erledigung des Verfahrens seitens der Staatsanwaltschaft durch Stellen eines Antrages auf Erlass eines Strafbefehls, dessen Tagessatzanzahl mit 90 – also genau der obersten Grenze, bei deren Einhaltung noch kein Eintrag in das polizeiliche Führungszeugnis erfolgt, wenn dort noch kein Eintrag vorhanden ist – bemessen werden sollte.

Amtsgericht Diez erlässt den Strafbefehl wegen Besitzes kinderpornographischer Inhalte

Nach dem rechtsstaatlichen Prinzip der Gewaltenteilung verhängt die Staatsanwaltschaft als Teil der vollziehenden Gewalt keine Strafen – sie hat lediglich die Möglichkeit, Verfahren im Falle geringer Schuld mit Zustimmung des Beschuldigten gegen Geld- oder andere Auflagen einzustellen –, sondern sie kann die Bestrafung eines Beschuldigten nach Abschluss ihrer Ermittlungen begehren, entweder in Form einer Anklage, die im Falle ihrer Eröffnung durch das angerufene Gericht eine öffentliche Hauptverhandlung zur Folge hat, oder in Form des Antrages auf Erlass eines Strafbefehls, der im Falle des gerichtlichen Einverständnisses keine Hauptverhandlung nach sich zieht.

In Fällen, in denen ein Verteidiger eine umfangreiche Verteidigungsschrift zur Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft im Stadium des Ermittlungsverfahrens gereicht hat und für das Gericht ersichtlich ist, dass sich die Staatsanwaltschaft mit deren Inhalt auseinandergesetzt hat und sodann in Übereinstimmung mit dem Verteidiger zu einer für beide akzeptablen Lösung gelangt ist, ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass auch das Gericht dieser Lösung seinen Segen erteilt, d. h. im Falle eines von der Staatsanwaltschaft beantragten Strafbefehls diesen erlässt.

So verfuhr hier auch das Amtsgericht Diez und erließ den von der Staatsanwaltschaft beantragten Strafbefehl mit eben dem zwischen ihr und mir als Verteidiger ausgehandelten Inhalt einer Geldstrafe in Höhe von 90 Tagessätzen.

Im Hinblick auf den – auch den Verhandlungen zwischen Staatsanwaltschaft und Verteidigung zugrundegelegten – Besitz von verbleibenden 345 Bilddateien kinderpornographischen Inhaltes und von 116 Filmdateien eben solchen Inhaltes ist dieses Ergebnis gemessen an anderen Urteilen ein mehr als akzeptables.