Mannheim

Einstellung des 184b-Verfahrens gegen Verzichtsauflage

Kinderpornografieverfahren nach § 153a StPO eingestellt

Lebensgefährtin erscheint samt Rechner und Beschuldigtem beim Polizeipräsidium Mannheim

In der Anzeigeaufnahme des Polizeipräsidiums Mannheim heißt es:

„UT greift auf unbekannte Art und Weise auf den PC der Zeugen zu und öffnet dort eine Vielzahl von Internetseiten mit Kinderpornografischem Inhalt. Nach Aussagen der AE werden auf diesen Seiten Bilder und Videos sichtbar, die u. a. den Geschlechtsverkehr zwischen Erwachsenen und kleinen Kindern (ca. 5 Jahre alt) zeigen.
Die Bilder / Videos konnten von den Beamten nicht gesichtet werden. Die Seiten waren bereits geschlossen, im Verlauf waren diese nicht gelistet.

Der aus verschiedenen Komponenten selbst zusammengestellte Gaming PC wird nach eigenen Angaben nur von der AE und ihrem Lebensgefährten [SCHWÄRZUNG] genutzt. Wie der Rechner ohne Zutun der Zeugen „fremdgestartet“ werden konnte, ist hier nicht bekannt. Auf dem PC sind keinerlei Virenschutzprogramme, auch keine kostenlosen, installiert !
Der PC ist nach Aussagen des [SCHWÄRZUNG] nicht passwortgeschützt und kann ohne weiteres gestartet werden.
Der PC wurde mit Einverständnis von [SCHWÄRZUNG] sichergestellt und beim Polizeirevier Hockenheim bis zur Entscheidung des Fachdezernats über die weitere Vorgehensweise asserviert.
Der Kriminaldauerdienst wurde über den Sachverhalt in Kenntnis gesetzt. In Absprache mit diesem erfolgt die Übersendung der Anzeigenaufnahme an das Kriminalkommissariat Mannheim, Dez. 9.2″

[UT bedeutet „unbekannter Täter“, AE bedeutet in diesem Falle „Anzeigeerstatterin“]

Der spätere Beschuldigte gab sowohl seiner Freundin wie auch der Polizei gegenüber an, er könne sich nicht erklären, weswegen sich ohne sein Zutun Internetseiten mit kinder- und jugendpornografischem Inhalt öffneten.

Ich konnte der Staatsanwaltschaft Mannheim gegenüber plausibel darlegen, dass die Angaben des Beschuldigten, der Rechner schalte sich von alleine ein, nachvollziehbar ist:

Befindet sich der Rechner im Energiesparmodus – System ist ausgeschaltet – wird er regelmäßig zu geplanten Wartungen „aufgeweckt“. Die Ausgabe des ,,powercfg“-Befehls, die dieses „Aufwecken“ zur Wartungsdurchführung durch das installierte Programm „Windows Media Center“ dokumentiert:

„powercfg /waketimers

Der von [SERVICE] \Device\HarddiskVolume3\Windows\System32\svchost.exe (SystemEventsBroker) gesetzte Zeitgeber läuft um 14:22:20 am 20.07.2017 ab.
Ursache: Die geplante Aufgabe „NT TASK\Microsoft\Windows\Media Center\mcupdate_scheduled“ wird ausgeführt. Hierzu muss der Computer reaktiviert werden.“

Laut dem Auswertbericht der Mannheimer Polizei wurden 11 kinderpornografische und zwei jugendpornografische Bilddateien und eine jugendpornografische Filmdatei  „im existenten Bereich“ aufgefunden werden.

Verfahrenseinstellung gegen Auflage, auf Herausgabe des Rechners zu verzichten

In einer Verteidigungsschrift an die Staatsanwaltschaft Mannheim teilte ich erstens mit, dass die Bewertung sämtlicher 11 aufgefundenen Bilddateien als kinderpornografisch nicht aufrecht erhalten werden könne, ferner, dass bezüglich einer der beiden jugendpornografischen Dateien nicht auszuschließen sei, dass es sich um erwachsene Personen handele. Zudem sei aufgrund der bisherigen Ermittlungen der Nachweis eines vorsätzlichen Besitzes durch den Rechnernutzer, der nicht zwingend personenidentisch mit dem Beschuldigten sein müsse – siehe dazu den Freispruch in einem Strafverfahren wegen des Vorwurfs des Besitzes von über 2.500 kinderpornografischen Schriften vor dem Amtsgericht Rüsselsheim – nicht möglich. Ich wies zudem auf die merkwürdigen Umstände der Anzeigeerstattung durch die Lebensgefährtin hin, die mich an das Kinderpornografie-Verfahren der Staatsanwaltschaft Bonn erinnerte, in der die Ex-Frau eine unrühmliche Rolle spielte.

Ich kam schließlich mit dem sachbearbeitenden Oberstaatsanwalt überein, dass das Verfahren eingestellt werde gegen die einzige Auflage, dass der Beschuldigte auf die Herausgabe des PC verzichte. So wurde es schließlich mit Zustimmung des Beschuldigten gehandhabt.