Durchsuchung

wegen des Verdachtes des Besitzes von

Kinderpornografie

1. Prüfen Sie den Durchsuchungsbeschluss!

Zwei oder drei zivil gekleidete Beamte des Kriminaldezernates der örtlich zuständigen Polizeibehörden klingeln in aller Regel zwischen 06.30 und 08.00 Uhr in der Frühe an Ihrer Wohnungstür. Sie melden sich üblicherweise mit den Worten „Hier ist die (Kriminal-) Polizei, (bitte) öffnen Sie die Tür!“ Sie sollten dann öffnen, da die Beamten berechtigt sind, die Wohnung auch gegen Ihren Willen zu betreten und sich auch mit physischer Gewalt Zugang verschaffen könnten. Die Beamten werden Ihnen zunächst ihre Dienstausweise zeigen und sodann eine Abschrift des Durchsuchungsbeschlusses eines Amtsgerichts aushändigen.

Diesen Durchsuchungsbeschluss kontrollieren Sie folgendermaßen:

a. Personalien des zu Durchsuchenden

Stimmen Ihre Vor- und Zunamen sowie Ihr Geburtsdatum und Ihr Geburtsort mit den entsprechenden Angaben des im Durchsuchungsbeschluss genannten Beschuldigten, überein?

Falls nicht, weisen Sie die Beamten darauf hin,  dass Sie nicht der Beschuldigte sind und fordern Sie sie auf, Ihre Wohnung zu verlassen.
Die Beamten  werden dies wahrscheinlich ablehnen, woran Sie sich nicht stören sollten. Wir nutzen diesen Umstand in Ihrer weiteren Verteidigung, um auf ein Verwertungsverbot hinsichtlich aller anlässlich dieser Durchsuchung beschlagnahmten Gegenstände hinzuwirken.Stimmen Adresse und genaue Wohnungsbezeichnung mit den im amtsgerichtlichen Beschluss genannten Angaben überein?

Falls nicht, fordern Sie die Beamten wiederum auf, Ihre Wohnung zu verlassen.

b. "Haltbarkeitsdatum" des Durchsuchungsbeschlusses

Nach einem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts [vom 29. Februar 2012, Az.  2 BvR 1954/11] ist ein Durchsuchungsbeschluss höchstens sechs Monate „haltbar“:

„Spätestens nach Ablauf eines halben Jahres ist davon auszugehen, dass die dem Durchsuchungsbeschluss zugrundeliegende richterliche Prüfung nicht mehr die rechtlichen Grundlagen einer beabsichtigten Durchsuchung gewährleistet und die richterliche Anordnung nicht mehr den Rahmen, die Grenzen und den Zweck der Durchsuchung im Sinne eines effektiven Grundrechtsschutzes zu sichern vermag.“

Ist der Durchsuchungsbeschluss in Ihrem Falle älter als vier Monate, fordern Sie die Beamten ebenfalls auf, die Wohnung zu verlassen, da eine Durchsuchung nach drei Monaten nicht mehr verhältnismäßig sei. Dann nämlich hat die Verteidigung Ansatzpunkte, in Verbindung mit einem aus der Zuordnung einer bestimmten IP-Adresse hergeleiteten Anfangsverdacht  auch hier das Geschütz des Verwertungsverbotes in Stellung zu bringen.

Außerdem ist die Unverletztlichkeit der  Wohnung ein von der Verfassung unserer schönen Republik garantiertes Grundrecht, das sich in Art. 13 Abs. 1 des Grundgesetzes findet; auch und gerade Polizeibeamte  haben es zu wahren. Wer dann aber mit einem alten Beschluss durchsucht und vom Wohnungsinhaber der Wohnung verwiesen wird – natürlich nur mit Worten! -, schafft gegen sich selbst den Anfangsverdacht des Straftatbestandes des Hausfriedensbruchs, wenn ein Gericht später zum Ergebnis kommt, es hätte nicht durchsucht werden dürfen. Sagt der Wohnungsinhaber hingegen nichts, dann wird später die mit dem Verfahren befasste Staatsanwaltschaft in der Einstellungsverfügung des Verfahrens gegen die Beamten ausführen,  der Wohnungsinhaber habe ja gar nichts gegen deren Anwesenheit gehabt. Und so einfach wollen weder Sie noch ich es der Staatsanwaltschaft machen.

2. Ziehen Sie räumliche Grenzen!

Die Praxis der kriminalpolizeilichen Durchsuchung einer Wohnung, die von mehreren Personen, worunter sich auch der Beschuldigte befindet, genutzt wird, ist es, dass einfach alle Zimmer durchsucht werden, egal, ob der Beschuldigte diese nutzt oder mitnutzt, oder ob sie ausschließlich von einem unbeteiligten Dritten, z. B. der Freundin, der Ehefrau, des WG-Mitbewohners, des Sohnes, der Tochter usw., genutzt werden.

Machen Sie die durchsuchenden Beamten darauf aufmerksam, wenn Räume nicht von dem Beschuldigten benutzt oder mit benutzt werden!
Die Polizeibeamten werden Ihnen dann erklären, dass im Falle eines gemeinsamen Haushalts alles durchsucht werden darf – Blödsinn! – oder der Gefahr im Verzug vorliege – noch größerer Blödsinn!

Diese Vorgehensweise verstößt nicht nur gegen § 103 StPO, sondern auch gegen Art. 13 GG. – siehe oben.

Sie werden die Beamten in der konkreten Situation nicht von der Durchsuchung abhalten können. Allerdings ergibt sich aus der Verletzung des § 103 StPO ein umfassendes Beweisverwertungsverbot. Das heißt, alles, was bei einer solchen Durchsuchung in den Räumen eines unbeteiligten Dritten gefunden wird, darf als Beweismittel in dem Verfahren gegen den Beschuldigten nicht verwertet werden. Prozessual hat das Gericht sich also so zu verhalten, als gäbe es die dort beschlagnahmten Gegenstände, die ja in dem hier interessierenden Verfahren wegen des Verdachtes des Besitzes kinderpornografischer Schriften Speichermedien sind, nicht. Daher dürfen auch Auswertberichte, die Auskunft geben über die darauf vorhandenen oder wiederhergestellten Dateien, nicht verwertet werden. Um dieses Verwertungsverbot – und nichts anderes – geht es verteidigungstechnisch bei Ihrem Hinweis an die Beamten, dass Sie als Beschuldigter diese Raum nicht (mit-) nutzen.

3. Halten Sie den Mund!

Sie entschuldigen meine Deutlichkeit, aber ich predige es seit 17 Jahren: Sie sind  (gemäß § 111 des Ordnungswidrigkeitengestzes) verpflichtet, den durchsuchenden Beamten NUR und AUSSCHLIESSLICH über Folgendes Auskunft zu geben:

a. Ihren Vor-, Familien- oder Geburtsnamen,
b. Ort und Tag Ihrer Geburt,
c. Ihren Familienstand (ledig, verheiratet, in Lebenspartnscerschaft lebend, geschieden)

d. Ihren erlenten Beruf – nicht ihren aktuell ausgeübten und erst recht nicht Ihren Arbeitgeber,
e. Ihren Wohnort und Ihre Wohnung – wobei es etwas merkwürdig wäre, wenn Sie anlässlich einer Durchsuchung danach gefragt würden,
f. Ihre Staatsangehörigkeit

Sonst nichts, mit Ausnahme der oben genannten Hinweise an die Beamten, was die eventuell fehlerhaften Angaben im Durchsuchungsbeschluss oder die Nutzung der einzelnen Räume durch Dritte innerhalb Ihrer Wohnung betrifft.

Kriminalbeamte sind oft erfahrene Ermittler und provozieren Aussagen, indem sie Ihnen beispielsweise den Ausdruck einer Bilddatei kinder- oder jugendpornografischen Inhaltes vor die Nase halten, worauf jeder so Behandelte meint, er müsse dazu nun etwas sagen. Alles, was Sie bei der unerfreulichen Gelegenheit einer Hausdurchsuchung zum Besten geben, findet sich nachher in den Verfahrensakten unter der Überschrift „Durchsuchungsbericht“. Als Kavallerist der Justiz legt der Staatsanwalt alles Gesagte vorsichtshalber zu Ihren Lasten aus, ich als Verteidiger zu Ihren Gunsten, in der Hauptverhandlung weiß der Richter noch nicht so recht, da man es so oder auch anders sehen könnte. Das alles ersparen Sie sich selbst und mir als Verteidiger, wenn Sie einfach gar nichts sagen.

4. Keine Spontanäußerungen!

Aus aktuellem Anlass: Wenn Ihre Ehefrau oder Freundin bei der morgendlichen Durchsuchung zugegen ist, diese reklamiert, der Laptop, der gerade beschlagnahmt werden soll, sei erstens der Ihrige und zweitens ihr Dienstlaptop, dann antworten Sie auch auf die sich anschließende polizeiliche Frage, ob Sie denn auch einen eigenen Dienstlaptop hätten, – wie immer: – nichts!
Denn ansonsten widerfährt Ihnen möglicherweise die überaus große Freude, dass stehenden Fußes fernmündlich ein Durchsuchungsbeschluss für Ihre Diensträume beantragt und sofort vollstreckt wird, so dass Ihr Arbeitgeber Kenntnis von dem gegen Sie anhängigen Verfahren wegen des Verdachtes der Verbreitung, des Erwerbs und des Besitzes kinderpornografischer Schriften erlangt, was erfahrungsgemäß dazu führt, dass Sie spätestens bei der nächsten Kündigungsrunde „aus betrieblichen Gründen“ mit dabei sind. Also sagen Sie nichts! 

5. Verweigern Sie die erkennungsdienstliche Behandlung!

Eine erkennungsdienstliche Behandlung, im Polzeijargon auch „eD-Behandlung“ oder auch nur „eD“ genannt, umfasst das Fotografieren des bekleideten und auch in bestimmten Fällen auch unbekleideten Körpers frontal, im 45- und 90-Grad-Winkel, die Beschreibung des Körpers und besonderer Merkmale, Messungen wie Gewicht und Größe, Abnahme von Finger- und Handflächenabdrücken.

Der Aufforderung der durchsuchenden Beamten, sie auf die Wache zu bgeleiten, um sich dort erkennungsdienstlich behandeln zu lassen, folgen Sie nicht!

Verlangen Sie zunächst Auskunft, ob diese in Aussicht gestellte erkennungsdienstliche Behandlung

für die Zwecke der Durchführung des Strafverfahrens“ (also repressiv)

oder aber

für die Zwecke des Erkennungsdienstes“ (also präventiv)

durchgeführt werden soll.
Falls Sie darauf eine konkrete Antwort erhalten, fragen Sie nach der Begründung der repressiven oder aber präventiven Behandlung.

Jede strafprozessuale Maßnahme unterliegt nämlich dem sogenannten Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, d. h. je intensiver sie in Persönlichkeitsrechte eingreift, desto trifftiger muss der Grund dazu sein. Dass Sie Beschuldigter eines Verfahrens wegen des Verdachtes des Verbreitens oder des Besitzes kinderpornografischer Schriften sind, reicht alleine weder für die repressive noch für die präventive Behandlung durch den polizeilichen Erkennungsdienst.
Nennt man Ihnen eine Begründung, steht Ihnen eine angemessene Frist zur schriftlichen Äußerung unter Zuhilfenahme eines Anwalts zu, so dass aus der sofortigen Behandlung am Tage der Durchsuchung nichts mehr wird. Und ab dann übernimmt ein Strafverteidger.

Sollte man Ihnen androhen, Sie unter Zwang mitzunehmen, wehren Sie sich keinesfalls aktiv, da Sie ansonsten wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte, § 113 StGB, oder gar Körperverletzung, § 223 StGB, belangt werden könnten. Ein bloßes Sitzenbleiben ist aber kein solcher Widerstand. Sollten Polizeibeamte auf die Idee kommen, Sie wegzutragen, stellen Sie Ihnen Anzeigen wegen Nötigung und Freiheitsberaubung in Aussicht für den Fall, dass ein Verwaltungsgericht Ihre erkennungsdienstliche Behandlung als rechtswidrig einordnet.