Zentrales Meldesystem der USA vs. deutsche Grundrechte
CyberTipline
Was ist die CyberTipline?
Die CyberTipline ist das zentrale System in den USA für die Meldung von mutmaßlich kinder- oder jugendpornografischen Inhalten. Es wird von der gemeinnützigen – und nicht, wie es in deutschen Polizeiberichten oft falsch heißt: „halbstaatlichen“ – Organisation namens „National Center for Missing and Exploited Children“, kurz NCMEC betrieben.
Wenn Online-Plattformen in den USA auf mutmaßlich kinder- oder jugendpornografisches Material aufmerksam werden, müssen sie dies nach dem Bundesgesetz 18 U.S.C. § 2258A an die CyberTipline melden.
Das NCMEC versucht sodann, den Standort der Nutzer zu ermitteln, welche Bild- oder Videodatei(en) oder in einigen Fällen auch Texte gesendet oder empfangen haben. Danach leitet es die Meldung an die zuständigen Strafverfolgungsbehörden in den USA und im Ausland weiter. Im Fall Deutschland ist dies das Bundeskriminalamt (BKA) in Wiesbaden.
Anzahl und Inhalt der Meldungen
Im Jahr 2023 gingen bei der CyberTipline 36.210.368 Meldungen ein. 35.944.826 dieser Meldungen stammten von Online-Plattformen, aber auch Zivilpersonen haben Meldungen eingereicht.
Die 36 Millionen Berichte im Jahr 2023 umfassten 105.653.162 Dateien. Die Schätzungen darüber, wie viele CyberTipline-Meldungen in den USA zu Verhaftungen führen, reichen von 5 % bis 7,6 %. Für Deutschland liegen keine solche Schätzungen vor.
Inhaltliche Qualität der Meldungen
Da die Meldungen in Form der sog. CyberTipline Reports Grundlage der allermeisten in Deutschland geführten Kinderpornografieverfahren sind – 92% der von mir 2024 verteidigten Verfahren lag ein solcher Report zugrunde -, ist deren inhaltliche Qualität von besonderer Bedeutung: Deutsche Ermittlungsrichter stützen auf diesen Reports den sog. Anfangsverdacht, wenn sie die von den Staatsanwaltschaften beantragten Beschlüsse zur Durchsuchung von Wohnungen erlassen.
An der Qualität dieser CyberTipline Reports gibt es allerdings nicht unerhebliche Zweifel:
- Viele Online-Plattformen füllen nicht alle wichtigen Teile eines CyberTipline-Berichts aus oder geben ungenaue Daten an.
- Es werden Berichte erstellt über Vorgänge, die Memes betreffen und jedenfalls nach deutschen Strafrecht nicht strafbar sind. Die meldenden online-Plattformen versäumen oft die Kennzeichnung, dass es sich um Memes handelt – dazu müsste lediglich das Kästchen „Suspected Meme“ im Meldeformular angekreuzt werden -, was zu inhatlichen Falschmeldungen führt.